[Machu Picchu/ Aguas Calientes] Wer nach Südamerika und erst recht wer nach Peru reist, wird von Anfang an ein Bild von Machu Picchu im Kopf haben. Ein Peru-Besuch ohne Abstecher nach Machu Picchu dürfte ähnlich unvorstellbar sein wie ein Paris-Besuch ohne den Eifelturm. Entsprechend voll und ausgebucht ist diese Inka-Stätte in den Bergen etwa 80 Kilometer nordwestlich von Cusco. Immer wenn uns im Vorfeld Zweifel kamen, ob wir uns das wirklich „antun“ wollen, stießen wir auf Reisende, die mit verklärtem Blick einfach nur festhielten: „Das muss man gesehen haben!“. Und ehrlich gesagt kann schon an dieser Stelle auch von uns bestätigt werden: „Das muss man gesehen haben!“.

Es beginnt mit der Zugfahrt von Cusco, Abfahrt Estación San Pedro, im Morgengrauen. Der Zug windet sich in einer eigenartigen Zig-Zag-Linie unter fortwährendem Richtungswechsel und anhaltendem akustischem Warn-Signal langsam den Berg hoch und kreuzt dabei ständig unbeschrankte Straßen. Auf der Hochebene geht es weiter und auch hier durchfährt der Zug Hauptstraßen, als wäre er eine Straßenbahn. Kinder winken. Später taucht er dann in die unbeschreibliche Berglandschaft im Hinterland von Cusco ab und stößt bei der (Inka-)Ruinenstadt Ollantaytambo auf das sog. „Heilige Tal“ der Inka. Der weitere Verlauf der Strecke folgt dem Fluß Urubamba auf unwegsamen Strecken und unter immer höher aufragenden Bergwänden bis nach Aguas Calientes, dem Ausgangspunkt für den Besuch Machu Picchus tief im Tal am Zusammenfluss zweier sprudelnder Bergbäche. Der Ort ist tatsächlich nur mit dem Zug erreichbar, so dass man zwar vielen Touristen, aber keinen Autos über den Weg läuft.

Der Besuch der Inka-Stätte ist streng reglementiert: man muss (Wochen bzw. Monate) im Voraus buchen und kann sich nur für eine von drei Kernrouten („circuitos“) über das Gelände entscheiden: die Route 1 ist die Schlechteste, da man lediglich am Rande der Berge hochläuft und von oben auf die Anlage schauen kann, allerdings den berühmten Foto-Blick hat. Mit der Route 2 und 3 kommt man auf das Gelände und kann unterschiedliche Bereiche der Siedlungsanlage besuchen. Wir hatten natürlich zu spät gebucht und nur für viel Geld wenig Machu Picchu reserviert, nämlich die Route 1A. Der Versuch – einem „Geheimtipp“ Mitreisender folgend – um 5 Uhr morgens bei tiefer Dunkelheit am Ticketbüro anzustehen, schlug fehl: die Wartenden hatten bereits ab 3 Uhr früh eine Schlange von mehreren Hundert Metern für Tickets am Folgetag gebildet … wir gaben auf und fügten uns in unser Schicksal der minderwertigen Route 1, die immerhin eine 3 – 4 Stundentour auf den Nachbarberg umfassen sollte. Um 6 Uhr ging’s mit dem Bus und vielen Gefährt*innen ca. 30 Minuten steil den Berg hoch und dann wurden wir vor dem Eingang entladen, der streng nach den 3 gebuchten Routen aufgeteilt war. Wir liefen gedemütigt mit den anderen Losern der Machu Picchu-Lotterie zum „Circuito 3: Panorámico“. Um unser Unglück voll zu machen, war die gesamte Umgebung in einen satten regnerischen Nebel getaucht, so dass noch nicht einmal der Ausblick (im wörtlichen Sinne) auf „Panorámico“ bestand … Nebelschauen für über 200,-€!

Doch dann drehte sich das Blatt: erst löste sich der Nebel mit der Morgensonne langsam auf und gab den Blick Stück für Stück auf gigantische Tafelberge frei. Zwischen den Bergen tauchten dann langsam die bekannten Umrisse der Ruinen von Machu Picchu auf … ein wirklich beeindruckendes Schauspiel. Dennoch war unsere Route 1A nach kurzer Runde erschöpft und es gab keine Möglichkeit, den Berg weiter zu erklimmen. Ein Wärter erklärte, dass „no montana“ angesagt und unsere Route nur ein 15-Minuten-Rundgang sei. Unsere Enttäuschung muss uns ins Gesicht geschrieben gewesen sein, da er uns anbot, dass wir die Route 1 auf die Route 2 „upgraden“ könnten, wir sollten dazu nur zurück gehen und beim Eingang der Route 2 auf seinen Kollegen achten. Der fing uns tatsächlich ab und ließ uns auf den begehrten Rundgang 2 ein … damit waren wir mitten in Machu Picchu drin und ließen uns etwas ungläubig, aber freudig mit den anderen Priviligierten dieser Welt durch die Straßen von Machu Picchu treiben. Extrem beeindruckend, vor allem vor der sich zunehmend offenbarenden Bergkulisse.

Nach guten zwei Stunden kamen wir dann ans Ende unserer Tour 2 und standen vor dem Abzweig „Salida“ (links) und „Circuito 3“ (rechts). Wir wählen – Frechheit siegt – rechts, wurden vom (nur scheinbar verschlafenen) Wächter zurückgepfiffen, führten einen kleinen Disput mit dem Wächter („Upgrade!“) und wurden am Ende entnervt durchgewunken, so dass wir mit stolz geschwellter Brust die dritte Route begingen. Wir dürften an diesem historischen Tag die einzigen Touristen gewesen sein, die alle drei Touren in braver nummerischer Reihenfolge absolviert haben. Leider endete unsere Glückssträhne hier, da wir vergeblich Ausschau gehalten haben nach einem „Circuito 4“. Wir trösteten uns mit einem einstündigen Fußmarsch auf alten Maultierwegen nach unten ins Tal und ließen den vorab bezahlten Bus mit seinen vielen trägen Touristen verächtlich links liegen.

Trotz der Massen an Touristen können wir bestätigen, was uns vorab bereits gesagt wurde: Machu Picchu muss man geseheh haben. Und allen Spontan- und Spätbesuchern sei zum Trost gesagt: In Peru wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird … ein Gespräch mit den Autoritäten vor Ort kann manchmal Wunder wirken und Tore öffnen.

P.S.: Ein geplanter Besuch der „Schwesterstadt“ von Machu Picchu musste leider wenige Stunden nach Beginn der 4-Tagestour abgebrochen werden. Die Ruinen von Choquequirao sind deutlich schwerer zu erreichen und daher mit deutlich weniger Touristen geflutet. Der Marsch hat es aber in sich und leider kam ein Magen-Darm-Infekt bereits beim Abstieg ins Tal ins Rollen .. Abbruch, Rettung mit Gaul und Führer und stundenlange Rückfahrt nach Cusco. Da bleibt noch mindestens ein Sehnsuchtsort in Peru offen …