[Argentinien] Wehe dem, der sich im deutschen Winter zur Südhalbkugel aufmacht! Als wir uns im Schneeregen zum Flughafen BER durchgekämpft hatten und unser Gepäck glücklich aufgegeben hatten, fiel uns auf, dass wir noch eine Wollmütze auf dem Kopf, einen Wollschal um den Hals und einen Wollpullover am Körper trugen. Das war in Berlin noch witzig, in Buenos Aires war es eine Belastung, die wir absehbar die nächsten acht Monate mit uns herumschleppen mussten. Daher kam relativ schnell die naheliegende Idee auf, ein paar Dinge (natürlich waren trotz aller Vorsätze auch überflüssige Stücke wie eine Jeansjacke, eine Jogginghose und ein bis zwei langärmlige Sweatshirts zu viel im Gepäck) per Post zurück nach Deutschland zu senden.
Der Versuch ist jetzt zwei Wochen her, wir haben uns in Buenos Aires bei ups (nur Neuware), FedEx (eigentlich nur Neuware, aber für ca. 400,-€/kg. könnten sie das transportieren) und der staatlichen Post durchgefragt (geht bis 2 kg, kostet 148,-€). In Buenos Aires waren wir noch zu knausrig, aber je heißer die Tage wurden (in Mendoza drohen aktuell 40 Grad), desto schwachsinniger fühlten sich uns mit Wolle gefüllten Rucksäcke an. In Mendoza ging es also heute zur Post mit ungefähr (!) 2 kg. in einem Karton, den wir uns im Supermarkt geschnappt hatten. Nach Ziehung einer Wartenummer und einer anständigen Wartezeit werden wir am Schalter an einen anderen Schalter verwiesen, der für die internationale Post zuständig ist. Dort fühlt sich tatsächlich jemand für unser Anliegen zuständig und händigt uns (gefühlt mit einem sardonistischen Grinsen) diverse Papiere von zweifelhafter Qualität und unterschiedlichem Format aus. Natürlich vollständig in kleingedrucktem Spanisch (nun gut, wir sind in Argentinien, aber könnte der „internationale“ Bereich hier nicht eine hilfreiche Ergänzung in Englisch vorsehen …?).

Eine Stunde später (Durchschläge gibt’s nicht, alles muss doppelt ausgefüllt werden; vorbeieilende Passanten müssen nach dem spanischen Wort für „Schal“, „Sweater“ und „Jeansjacke“ gefragt werden und ein älterer Herr erklärt uns, warum gebrauchte Sachen so kompliziert sind (beglaubigte Desinfektion nötig! Gottlob nur bei der Einfuhr…) … also eine Stunde später stehen wir erneut am internationalen Schalter und reichen unsere kleine Bibliothek an amtlichen Formularen ein. Es folgt eine wilde Stempelei der Papiere und der sorgenvolle Hinweis, dass das „teurer“ wird (als was?). Weitere Informationen erhalten wir nicht, dafür eine Wartemarke mit der verheißungsvollen Nummer 1 und der Geste, dass wir rechts vom Schalter auf etwas warten sollen.
Während wir noch rätseln, worauf wir wo genau warten sollen, geht eine Tür auf und es wird die Wartenummer „Cero“ aufgerufen, wir können uns also entspannen und die Null abwarten. Die Wartezeit verkürzt uns ein freundlicher Herr (Kunde), der uns vorschlägt, die Zustelladresse auf das Paket zu schreiben. Das erscheint sinnvoll, wir waren bislang allerdings davon ausgegangen, dass am Ende des Prozesses wie bei der (guten alten) Deutschen Post ein Formular als Aufkleber vorne draufkommt. Weit gefehlt, also ist schnelle Beschriftung angesagt. Schnell ist gut, weil tatsächlich die Null offenbar wenig zu klären hatte und mathematisch zwingend die Eins aufgerufen wird. Wir dürfen unser Paket jetzt auf einem Stuhl absetzen und eine Dame vom Zoll, die lediglich „Alemania!?“ fragt oder sagt, durchwühlt den Inhalt des Kartons. Diesen Test besteht er, wir dürfen das Ding jetzt ganz offiziell verschließen und bemühen uns mit zuvor gekauften Billig-Tape um Verschluss. Unser Paket verliert zunehmend sein professionelles Aussehen, schlimmer wird’s noch, als die gute Frau von der Post offenbar eine Art Versiegelung des Pakets vornimmt, indem sie Klebestreifen, die nicht kleben wollen, an den Kanten und Öffnungen des Pakets anbringen will. Gelingt ihr nicht überzeugend, sie scheint am Ende – es ist bereit nach Schließzeit des „internationalen“ Schalters – aber keine Lust mehr auf Versiegelung zu haben.
Sie entlässt uns mit unserem Werkstück, von dem munter die Siegelfetzen flattern, in Richtung Kassenschalter, wo wir erneut eine Wartemarke ziehen dürfen. Offenbar steht jetzt der finale Akt der Bezahlung und Aufgabe des Pakets an … Am Schalter zwei erfahren wir dann, dass a) das Paket 100 Gramm über dem Soll von 2 kg liegt; b) zu groß ist; c) das Ganze über 200,-€ kosten soll und d) nur in bar bezahlt werden kann! Kurz bevor wir aufgeben, erfragen wir noch, was denn das Paket mit exakt 2 kg kosten soll, und erhalten eine neue Orientierungsgröße von ca. 162,-€. Aber auch nur, wenn die Maße des Pakets innerhalb der Größen 20cm x 30cm x 14cm liegen. Zur schnellen Orientierung: das ist kleiner als ein kleiner Schuhkarton! Unser handschriftlich verunstaltetes Billig-Tape-Paket mit Flatterbändern ist uns zwischenzeitlich so ans Herz gewachsen, dass wir es – auch mangels Bargelds zur Begleichung eines völlig überhöhten Preises – wieder unter den Arm und nach Hause nehmen. An dieser Stelle ein „Hoch!“ auf die Harmonisierung der Postdienste innerhalb der EU und auf die Deutsche Post! Wer die EU für ein teures, bürokratisches Monster hält, der soll mal in Argentinien ein Paket auf den Weg bringen …
Mal sehen, ob wir am Freitag einen letzten Anlauf wagen (denn: der internationale Schalter ist nur am Montag, Mittwoch und Freitag jeweils bis 13h geöffnet, claro …).
Noch Fragen? Hier ist die Hotline der Argentinischen Post: 0810 – 777 – 7787.