[Bueu] Die letzten Tage in Galizien sind angebrochen und sofort löst sich das Grundgefühl grenzenloser Zeit auf und Kopf rattern die a faire-Listen. Bevor wir uns für eine Woche über Portugal der nächsten Etappe in Andalusien nähern, hier noch ein paar überschüssige Eindrücke von unserem Aufenthalt in der Bucht von Bueu
Bislang unerwähnt ist unsere unendlich geduldige Hündin Milou, die zwar das Privileg hat, dass sie von morgens bis nachts mit uns zusammen ist (Hunde mögen das wohl, unsere Kinder würde das wohl anders bewerten). Der Preis dafür ist jedoch lange Tage zu Hause, im Spanisch-Kurs oder im Schlafzimmer … immer darauf harrend, dass „ihr“ Teil des Tages anbricht und jemand die Leine in die Hand nimmt. Hier also ein großes Dankeschön an Milou, unsere treue Reisebegleiterin.
Dann muss man bei aller Aufbruchs- und Reisestimmung daran erinnern, dass viele Probleme überall gleich sind. Die akuteste Frage aller Reisenden in modernen Zeiten dürfte lauten: Setze ich mich oder setze ich mich nicht? Angesichts fremdgenutzter WCs sind das relevante Fragen des Wohlbefindens und insbesondere die männliche Spezies ist hier in ihrem Sozialverhalten hinter verschlossenen Türen gefragt. Zwei Erkenntnisse aus Galizien: a) Selten so saubere Klos in Bars und Restaurants gesehen; b) Das scheint das Ergebnis steter Gebots- und Verbotsschilder zu sein. Selbst in unserer kleinen Sprachschule tobte der Kampf um den sauberen WC-Sitz …
Deutlich anregender sind die vielen Spaziergänge, die entlang der Küste und an den Stränden hier möglich sind. Der Herbst ist eine gute Zeit für diverses Strandgut (neben den bereits besprochenen Plastikflaschen machen Gerätschaften der Fischerei einen wesentlichen Teil aus). Auf den Küstenwegen stößt man nicht selten auf imposante Obelisken, die zugewuchert im küstennahen Wald stehen und wohl in früheren Zeiten nautische Funktionen hatten. Warum das steinerne Obelisken sein mussten, die man von See aus wohl eher kaum – nachts: gar nicht – erkennen kann, bleibt ein Geheimnis der Erbauer. Angesichts ihres beschränkten nautischen Erfolges verstecken sich die baumhohen Steinbauten etwas verschämt hinter Bäumen. In ihrer steinernen Sinnlosigkeit wirken sie irgendwie sympathisch.
Vermissen werden wir das gute Essen, die frischen Früchte, Fisch und Muscheln. Zu den Muscheln lohnt hier noch ein Wort: die ganze Bucht ist hier mit (künstlichen) Muschelbänken in Form von schwimmenden Plattformen durchzogen. Es gibt kleine und größere Felder dieser Produktionsstätten lokaler Aquawirtschaft. In den frühen Morgenstunden fahren Dutzende von Fischerbooten mit Lichtern an die Plattformen heran und „ernten“ ihren Ertrag für den Tag.
Das Ganze wirkt mühsam und ist wohl eher etwas für Leute mit langem Atem und viel Geduld. Wenn man bedenkt, dass das Kilo Miesmuscheln hier nur wenige Euro kostet, dann scheint diese Tätigkeit eher eine traditionelle Nebentätigkeit zu sein. Aus der Ferne – und wir betrachten das Ganze aus der Ferne vom Hang aus – wirken die Muschelbänke wie eine Armada, die sich spitz auf das Flaggschiff ausrichten und Ruhm und Reichtum suchen. Aus der Nähe betrachtet wirken die Plattformen deutlich profaner. So oder so: Die Miesmuscheln hier sind sehr empfehlenswert!
So üppig wie das Meer ist auch die Landwirtschaft. Die Mischung aus Sonne und Regen lässt hier Obst und Gemüse zu ungeahnter Größe reifen. Schon bei der Ankunft hat uns unsere Vermieterin eine „limón“ der besonderen Art in die Küche gelegt. Frisch aus ihrem Garten und mit genug Zitrone für sechs Wochen (die Wahrheit ist allerdings, dass diese Riesengebinde nicht wirklich nützlich sind und auch hier gilt: Größe alleine ist noch kein Qualitätskriterium … die konkrete Riesenzitrone war fad & trocken).
Eine Warnung müssen wir auch vor einer ganz eigenartigen Frucht noch loswerden: Feijoa (Acca sellowiana), in Galizisch auch Feixoa. Wir haben zu Beginn den Fehler gemacht und Interesse an der Frucht bekundet und aus Höflichkeit deren Geschmack gelobt. Fortan bekamen wird Schüsseln voll von diesem „Obst“, das nicht süß und nicht sauer schmeckt, wie eine Kiwi ausgelöffelt werden will, aber wie Reinigungsmittel oder Kosmetikgrundstoff schmeckt. Ignorieren kann man die Frucht auch nicht, da sie einen unverwechselbaren Geruch entwickelt, der sich nach wenigen Tagen in der Küche breit macht.
Wanderer, kommst Du nach Galizia, dann meide die Feijoa!