[Buenos Aires via Madrid] „Touchdown“ auf dem südamerikanischen Kontinent war Freitag, der 10. Januar 2025 um 17:20 Uhr Ortszeit. Wir waren mit IBERIA IB0105 zu diesem Zeitpunkt knapp 13 Stunden in der Luft gewesen. Gebucht war eigentlich die IBERIA IB0101, die hatten wir aber wegen eines mittleren Schneesturms in Berlin und der notwendigen Enteisung vor dem Start verpasst. Angesichts der fast komatösen Müdigkeit war der Zwangsstopp in Madrid (mit Flughafenhotel und Transfer) eine willkommene Pause und wir konnten so fast erholt und stressfrei in den Ersatzflieger steigen, der uns sehr geruhsam über den Atlantik brachte und pünktlich in Buenos Aires aufsetzte.
Mit Wollpulli, Schal und Mütze im Handgepäck traten wir in den argentinischen Hochsommer und setzten unseren Fuß erstmals auf südamerikanischen Boden. Ich hatte schon vor 40 Jahren eine Reise nach Lateinamerika geplant, die aber nie zustande kam. Daher war das Eintreten in diese unbekannte Welt ein sehr bewusster Akt. Leider wurde er mit der Aktivierung der Handys unterbrochen, da uns von der Fluggesellschaft mitgeteilt wurde, dass unser Gepäck leider nicht in Buenos Aires angekommen sei. Nach einem ersten Schreckmoment (und einem kurzen „Hab’s doch geahnt …“) geht uns auf, dass sich die Nachricht auf den verpassten Flieger vom Vortag bezieht, in dem unser Gepäck nachvollziehbar nicht sein konnte. Ganz unschuldig kreisen uns unsere Rucksäcke intakt und vollständig auf dem Gepäckband entgegen und wir treten glücklich aus dem Sicherheitsbereich des Flughafens in den öffentlichen Teil des Flughafens. Die Türen haben sich hinter uns noch nicht geschlossen, da stehen wir diversen Rufer*innen gegenüber, die uns Taxis und super-günstige Fahrgelegenheiten andrehen wollen.
Wir hatten noch in Deutschland die eiserne Regel aufgestellt: nirgends ratlos rumstehen, immer so tun, als habe man ein Ziel … umso ratloser standen wir jetzt vor den Rufer*innen und hatten alles andere als ein Ziel. Wir brauchten ja eine Fahrgelegenheit in die Stadt. Voller Misstrauen ergaben wir uns dem Schicksal und zahlten völlig unbekannte Beträge (45.000,- mit Dollarzeichen machen einen auf dem Display des VISA-Geräts beim ersten Mal noch nervös) an völlig unbekannte Menschen, die uns mit hoher Wahrscheinlichkeit entführen und im besten Fall berauben würden … unser Schicksal wurde in die Hände des Fahrers Gustavo gelegt, der sich als ausnehmend freundlich und gesprächig erwies. Offenbar hatte er keine unmittelbaren kriminellen Absichten, denn wir kamen schnell ins Gespräch (Milei ist gut für Argentinien, Hauptsache es tut sich was; Chile hat viele Kriminelle, Argentinien ist sicher; die Argentinier stehen früh auf und arbeiten viel; Tipps zum Wechselkurs von Dollar in Pesos, …) und dann auch ans Ziel. Auf der Autobahn fällt auf: wenig deutsche Autos, kaum SUVs, viele japanische und französische Marken. Und überall Fußballbezüge: die Werbung und das Land feiern den amtierenden Weltmeister anhaltend und an jeder Ecke.
Unsere Fahrt endet in Perú, Ecke Chile (Straßen, nicht Länder). Erleichtert können wir unseren verkrampften Griff um unsere Wertsachen lösen und mitten in San Telmo aus dem Taxi steigen. Es ist früher Abend, die Luft ist warm und es weht ein angenehm lauer Wind. Eine ältere Frau tanzt auf hohen Absätzen etwas verloren auf dem Platz vor unserer Wohnung zu ihrem eigenen Gesang. Die Stimmung im Viertel und auf der Straße ist entspannt, die Menschen sind freundlich und wir fühlen uns vom ersten Moment an wohl und sicher. Wir beziehen unsere (aribnb-) Wohnung in einem alten Mietshaus aus dem späten 19. Jahrhundert und fallen nach einem kurzen Abstecher in ein Café (Abendessen: Empanadas und Café con Leche) übermüdet, aber erfüllt in einen traumlosen tiefen Schlaf. „Bienvenido a Buenos Aires!“ (Gustavo).