[Saint-Girons-Plage] Die lange Fahrt westwärts endet vorläufig an der natürlichen Grenze … dem Atlantik. Von klein auf ist es ein besonderes Gefühl, wenn man sich langsam dem Rand seines Kontinents nähert und dann plötzlich wirklich das Ende erreicht ist und sich das endlose Meer vor einem erstreckt. In unserem Fall ist ein sehr vertrauter Bezugspunkt der Familie, das Saison-Örtchen Saint-Girons-Plage, die Badewanne des Örtchens Saint-Girons. Hier gibt es außer Sand, Meer und Wetter (Sonne wäre dann doch etwas zu optimistisch, wie sich zeigen sollte) nichts. Zwei Campingplätze, die zum Saisonende gerade noch so gefüllt sind, dass es nicht einsam wirkt. Gefüllt mit Menschen, die das Einzige suchen, was es hier wirklich unbegrenzt gibt: Wellen. Wir richten uns zwischen all den Surfer*innen gemütlich ein, sorgen für die Wind- und Regenfestigkeit des VW-Busses und atmen erstmals richtig durch. Ein Hauch von Urlaubsgefühl hilft ganz enorm, sich auch mental zunehmend von Berlin zu lösen. Wir schleppen noch viel im Kopf mit uns herum und sind noch lange nicht „frei“, aber Tag für Tag, Kilometer für Kilometer lösen sich die Alltagsbezüge und -zwänge, das Denken in Verpflichtungen und Erwartungen.
Wir bleiben trotz eher hoher Luftfeuchtigkeit zwei Tage und schalten einfach auf Durchzug und Barfuß-Leben. Beim Spaziergang über den Strand kommt uns der Gedanke, dass wir gerade an der Ost-Kante des Atlantischen Ozeans stehen, den wir in wenigen Monaten auch von seiner West-Kante in Argentinien aus betrachten können. Wir hoffen dort auf besseres Wetter. Bessere Stimmung bringt immerhin die Übertragung und Auswertung der Harris-Trump-Debatte vom 10. September, die in dieser Zeit der Extreme etwas Hoffnung macht. Wir können uns noch zwei Tage damit unterhalten, wie Trump und seine GOP-Kriecher inkl. Fox-News versuchen, die verlorene Debatte in einen Sieg umzumünzen. Der Debattenteil um Migranten, die vermeintlich Haustiere von US-Amerikanern verspeisen, ist dagegen ohne jeden Unterhaltungswert und zeigt nur, auf welchen menschenverachtenden Tiefpunkt das Debattenniveau abgesunken ist.
Stimmungstiefpunkte der anderen Art kennt jeder Camping-Fan: Es kriselt erstmals über Fragen, wo was ist, wer was wo eingepackt (oder eben nicht richtig eingepackt) hat. Dazu wird einem klar, dass die nassen Dinge niemals wieder trocknen werden, es ist klamm und kalt … der Gaskocher schwächelt im Wind, das Essen ist lau. Stimmung auch … Camping kann bei Sonne und Nachtemperaturen um die 30 Grad so schön sein …