[Lateinamerika] Wer Lateinamerika durchquert, kommt an der jüngeren Geschichte der Militärdiktaturen kaum vorbei. Nachdem wir uns bislang erst in Argentinien und Chile umgesehen haben, wird langsam klar, wie tiefgreifend die jeweils betroffenen Staaten und Gesellschaften bis heute von diesen Gewaltherrschaften geprägt wurden und werden. Der Schwerpunkt der Militärjuntas lag in der Periode zwischen der unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die späten 80er-Jahre Hier eine grobe Übersicht von Wikipedia:

In Santiago dokumentiert das Museo de la Memoria y Los Derechos Humanos gleich zu Beginn die unterschiedlichen „Wahrheitskommissionen“, mit denen die jeweiligen Gesellschaften versucht haben, den Opfern gerecht zu werden und Wunden, so gut es geht, zu schließen (jenseits der juristischen Aufarbeitung). Aufgeführt werden die Wahrheitskommissionen in:
- Honduras: Kommission von 2010-2011
- Brasilien: Kommission von 2012 – 2014; Erfasster Zeitraum 1946 – 1988
- Chile: Kommision Rettig 1990; Erfasster Zeitraum 1973 – 1990; Kommission Valech 2003 – 2005; erfasster Zeitraum 1973 – 1990
- Argentinien: Kommission 1983 – 1984; Erfasster Zeitraum 1976 – 1983
- Bolivien: Kommission 1982 – 1984; Erfasster Zeitraum 1967 – 1982
- Ecuador: Kommission 1996 – 1997; Erfasster Zeitraum 1979 – 1996
- Granada: Kommission 2001 – 2022; Erfasster Zeitraum 1983
- Guatemala: Kommission 1997 – 1999; Erfasster Zeitraum 1962 – 1996
- Haiti: Kommission 1995 – 1996; Erfasster Zeitraum 1991 – 1994
- Panama: Kommission 2001 – 2002; Erfasster Zeitraum 1968 – 1989
- Peru: Kommission 2001 – 2003; Erfasster Zeitraum 1980 – 2000
- El Salvador: Kommission 1992 – 1993; Erfasster Zeitraum 1980 – 1991
- Uruguay: Kommission 1985; Erfasster Zeitraum 1973 – 1985
- Kolumbien: Kommission 2018 – 2021; Erfasster Zeitraum 1958 – 2016
Es fehlen entsprechende „Wahrheitskommissionen“ in Paraguay – Militärdiktatur 1954 – 1989 (Stroessner); Venezuela: Militärdiktatur 1948 – 1958; Costa Rica: – (Militär 1949 abgeschafft) sowie Nicaragua; 1934 – 1979 (Somoza-Clan).
Aus einer übergeordneten Perspektive sind diese Militärdiktaturen und Juntas deshalb von Interesse, weil sie unter den Bedingungen des Kalten Krieges fast alle durch die USA unterstützt wurden. Ein lesenswertes Buch zum Thema „Lateinamerika und die USA“ hat Stefan Rinke (2011) verfasst, das gerade auch für die heutige Zeit gut nachzeichnet, wie nachdrücklich die USA ihre Interessen in ihrer „westlichen Hemisphäre“ wahrnehmen. Die Forderung von Donald Trump in Bezug auf den Panama-Kanal mögen absurd und übergriffig erscheinen, im historischen Kontext ist sie jedoch Ausdruck einer anhaltenden US-amerikanischen Interventionspolitik, die bis heute nicht beendet wurde. Interveniert wurde mal laut und mal leise …
Eine wichtige Institution der US-Amerikaner war die „School of Americas – Western Hemisphere Institute for Security Cooperation„. Hier unterhielten die USA in Panama von 1946 – 1984 eine anti-kommunistische Indoktrinationseinheit, die fast alle Militärführer in Lateinamerika durchliefen. Mehr als 60.000 Angehörige des Militärs und der Sicherheitsdienste wurde hier im US-amerikanischen Sinne „geschult“; eine Liste der „Notable Graduates“ findet sich bei Wikipedia. „During the 1970s, the quantity of trainees sent by Latin American dictatorships backed by the United States increased greatly. Between 1970 and 1979, cadets from Chile, Colombia, Bolivia, Panama, Peru, and Honduras made up sixty-three percent of the school’s students“ [Quelle]. 1984 musste die „Schule“ im Rahmen des – aktuell von Trump angegriffenen – Panama-Kanal-Vertrags – in die USA verlegt werden und ist heute im Fort Moore in Georgia angedockt. Bis heute lautet das Motto dieser ehemaligen Ausbildungsstätte für Putschisten und Folterer „Freedom, Peace and Fraternity“ … war wohl ein bisschen zu viel Fraternity in der Mischung.
Man kann es der aktuellen Regierung in Panama nicht verdenken, dass sie die wilden Forderungen und konkreten Drohungen der aktuellen US-Regierung nicht auf die leichte Schulter nimmt. Man sollte sich der Geschichte bewusst sein, wenn man Geschehnisse der Gegenwart bewerten und mögliche Entwicklungen der Zukunft abschätzen will … Trump 2.0 verheißt da nix Gutes …